GrünGürtel Frankfurt
Eine Vision wird Wirklichkeit
Frankfurt liegt nicht nur am Main, sondern auch an der Nidda, und diese bildet im Nordwesten ein weites Tal mit Wiesen und Feldern, durch die der Regionalwind frische Luft in die Stadt wehen kann. Im Nordosten schließt sich der Berger Rücken an, ein Hügelland mit Kuppen, die mit maximal 212 Metern deutlich niedriger als die Hochhäuser der City sind. Doch der Blick über Ackerland und Streuobstwiesen reicht weit, auch auf den südlich des Mains gelegenen Stadtforst, einen alten Wald aus Eichen, Buchen und Kiefern, den Frankfurter Bürger bereits im Mittelalter zusammen mit dem Stadtrecht auf verschlungenen Wegen vom damaligen König erworben haben.
Die Vorgeschichte: Bromme und Behrens
Die Ursprünge dieser Jahrhundertentscheidung, den GrünGürtel Frankfurt vor Bebauung zu schützen, reichen weit zurück. Von 1925 bis 1930 wirkte in Frankfurt Baustadtrat Ernst May, unterstützt von Gartenamtsleiter Max Bromme und dessen Landschaftsplaner Leberecht Migge.
In dieser Zeit gab es erste Ideen für einen schon damals so bezeichneten Grüngürtel, der – allerdings nur im Niddatal und nur als schmaler Streifen – Grünflächen vor Bebauung schützen sollte. Die damals gerade stattfindende Kanalisierung der Nidda hatte Einfluss auf die Idee, denn Bromme beklagte den dadurch verursachten Verlust an landschaftlicher Schönheit.
Nach dem zweiten Weltkrieg entwickelte die Stadt diese Ansätze bis Anfang der 1960er Jahre weiter, maßgeblich unter der Regie des Bürgermeisters Rudolf Menzer (SPD). Ein zusammenhängendes Grünsystem für ganz Frankfurt wurde vorgeschlagen, geschützt durch eine Satzung ähnlich der Wallservitut, die den ersten Grünen Gürtel, den Anlagenring auf der ehemaligen Befestigungsanlage, seit rund 200 Jahren erfolgreich schützt. Doch nichts davon konnte umgesetzt werden. Stattdessen bahnte die autogerechte Stadt sich den Weg durch die Landschaft, begleitet von neuen Siedlungen.
Erst in den frühen 1970er Jahren entwickelte Till Behrens, unterstützt durch das Frankfurter Forum für Stadtentwicklung e. V., eine konkrete Grüngürtel-Planung und machte sie öffentlich.
GrünGürtel Frankfurt
- Größe: 80 km² das entspricht etwa einem Drittel der Stadtfläche Einwohner: 750 000 Trägerschaft: Stadt Frankfurt am Main
- Gründung: 1991
- GrünGürtel Frankfurt am Main Dr. Thomas Hartmanshenn Leiter der Projektgruppe GrünGürtel, Stadt Frankfurt am Main Der Magistrat Umweltamt, Abt. 79.2 Umweltvorsorge Galvanistraße 28 60486 Frankfurt am Main Telefon: 069 212 391 45 E-Mail: thomas.hartmanshenn@stadt-frankfurt.de
Absicherung als Landschaftsschutzgebiet
Die Verfassung forderte, den GrünGürtel auf allen rechtlich möglichen Ebenen abzusichern. Das ist geschehen: Das Regierungspräsidium Darmstadt legte ihn 1994 als Landschaftsschutzgebiet auf der Grundlage des Hessischen Naturschutzgesetzes fest, der regionale Planungsverband pflegte ihn in seinen Landschaftsplan, den Flächennutzungsplan sowie den Regionalplan Südhessen ein. Ein Vorläufer des Landschaftsschutzgebiets wurde bereits 1949 ausgewiesen und deckte damals schon weite Bereiche dessen ab, was heute GrünGürtel ist. Es ist sicher auch seiner Existenz zu verdanken, dass diese Landschaften erhalten blieben. Die Landschaftsschutzverordnung gibt im Wesentlichen vor, das Landschaftsbild zu erhalten und Lebensräume für Tiere und Pflanzen zu schützen, aber auch der Stadtbevölkerung einen Erholungsraum zu bieten.
GrünGürtel und Landschaftsschutzgebiet sind nicht deckungsgleich, das Schutzgebiet ist etwa 3.000 Hektar größer und umfasst auch die radialen Grünzüge.
Gemeinsam stärker mit dem Regionalpark RheinMain
Der GrünGürtel Frankfurt allein wäre zu klein für die Stadt. Er gibt ihr zwar Halt, doch er wird in manchen Bereichen fast schon zu intensiv genutzt. Da ist es gut, von einem Regionalpark umgeben zu sein. Die Wege sind so angelegt, dass die Anbindungen gut funktionieren. Der Regionalpark RheinMain unterstützt viele wichtige Projekte im GrünGürtel, wie zum Beispiel die Komische Kunst, den Alten Flugplatz und das Grüne-Soße-Denkmal. Zwischen dem GrünGürtel und dem Regionalpark besteht eine gute und enge Zusammenarbeit – zum Vorteil für die BürgerInnen.
Investition in die Bildung
Eine umfassende Öffentlichkeitsarbeit wird ergänzt durch Bildungsarbeit. Im Programm Entdecken, Forschen, Lernen im GrünGürtel werden jährlich rund 8.000 Kindergartenkinder sowie SchülerInnen mit hinaus in den GrünGürtel genommen und ihnen die Möglichkeit zu positiven und emotionalen Erlebnissen in der Natur gegeben. Apfelsaft keltern, Frösche beobachten und Flöße bauen stehen unter anderem auf dem Lehrplan.
An Wochenenden können Eltern mit ihren Kindern Fledermäuse entdecken, das GrünGürtel-Tier erforschen oder per Rad den GrünGürtel erkunden. Der hohe Wert der Bildungsarbeit ist schon daran zu erkennen, dass die Stadt Frankfurt fast die Hälfte des GrünGürtel-Budgets dafür ausgibt.
Blick in die Zukunft
„Manche Vorhaben brauchen Jahre von der Idee bis zur Umsetzung, deshalb haben wir einige große Aufgaben noch vor uns“, sagt Dr. Thomas Hartmanshenn, Leiter der Projektgruppe Grün- Gürtel. Eine GrünGürtel-Stiftung ist erforderlich, um ihn langfristig zu sichern und seine Qualität zu wahren. Schon 2003 entstand die Idee, analog der New Yorker High Line, auf einem ungenutzten Bahngleis mit Aussicht auf den Fluss Main, die Stadt und die Europäische Zentralbank eine stark befahrene Straße ohne Barrieren überqueren zu können und so eine Lücke im GrünGürtel, die Landschaftslücke, zu schließen. 2010 unterzog die damalige Umweltdezernentin Dr. Manuela Rottmann den GrünGürtel Frankfurt einer gründlichen Bestandsaufnahme. Daraus ergab sich unter anderem das Ziel, in den nächsten Jahren an der Anbindung des GrünGürtels an die Innenstadt und in die Region zu arbeiten, geleitet von den Kriterien für Klimaschutz, nachhaltige Mobilität und einem Gewinn an grünen Freiräumen für die Bevölkerung. Der so entstandene Speichen- und Strahlenplan wird schrittweise umgesetzt. Ein weiterer Plan ist der Ausbau der Grün- Gürtel-Lernstation am Alten Flugplatz.
Die Vision des GrünGürtel Frankfurt ist längst Wirklichkeit geworden und wird stetig weiterentwickelt.
Was gehört zum GrünGürtel?
Als 1989 in der Stadtregierung ein Wechsel zu einer von Volker Hauff (SPD) geführten rot-grünen Regierung stattfand, war die Bildung eines Grüngürtels fester Bestandteil des Koalitionsvertrags. Der erste Schritt war ein Stadtverordnetenbeschluss für seine Gründung.
Darauf folgte ein Projektjahr, in dem aus heutiger Sicht mit atemberaubender Geschwindigkeit das von Peter Lieser, Peter Latz und Manfred Hegger geleitete Projektbüro internationale Planer und Wissenschaftler mit Fachleuten aus der Verwaltung zusammenbrachte, um die Fläche zu formen und zu gestalten: Was soll zum Frankfurter GrünGürtel gehören, und was nicht?
Dies bedeutete auch: Welche Flächen sind „weniger wertvoll“ und können eines Tages bebaut werden? Das Projektjahr war der Stadt 2,6 Millionen Deutsche Mark wert. Rund 30 externe PlanerInnen und eine große Zahl von städtischen MitarbeiterInnen aus allen relevanten Ämtern nahmen teil.
Die GrünGürtel-Verfassung als starke Vision
Am Ende des sehr produktiven Projektjahrs lagen eine Karte mit der Abgrenzung (Flächenplan), eine Karte mit Entwicklungszielen (GrünGürtel-Plan), sowie ein Text mit den Grundsätzen (GrünGürtel-Charta), und eine Maßnahmenliste zur öffentlich-rechtlichen Sicherung vor – zusammen als GrünGürtel-Verfassung bezeichnet. Wie der damals verantwortliche Umweltdezernent Tom Koenigs (GRÜNE) zutreffend sagte, hat er „den GrünGürtel nicht erfunden, aber durchgesetzt“. Die Vision offener Grünräume dient als Leitmotiv: „GrünGürtel, das ist der Traum offener Räume, freier Natur in der Stadt, Landschaft als Paradies und Wildnis, Garten und Urwald, Entdeckung und Geheimnis zugleich; das ist die Vision von Stadtentwicklung im Einklang mit der Natur“. Offen sowohl was die Räume betrifft, aber auch deren Nutzung. Das Soziale wird mit dem Ökologischen verbunden.
Aller Anfang ist schwer
Die 1992 aus der Bundesgartenschau GmbH hervorgegangene GrünGürtel GmbH unter der Leitung von Peter Lieser unternahm erste Baumpflanzungen. Ihr Schwerpunkt lag jedoch in der sozialen Arbeit mit Kindern, Künstlern und der Bevölkerung in den Stadtteilen. In dieser Zeit entstanden auch in Zusammenarbeit mit ADFC und Umweltamt ein Radrundweg und die erste Auflage der GrünGürtel-Freizeitkarte, ebenso die erste Version eines GrünGürtel-Führers.
Für den GrünGürtel waren beim Beschluss noch 300 Millionen Deutsche Mark für die ersten 10 Jahre vorgesehen – so viel wie ein Autobahnkreuz kostete. Doch angesichts der eingetretenen Rezession wurden nicht nur die städtischen Kassen knapp, sondern auch die des GrünGürtels. Den Etat kürzte übrigens Tom Koenigs selbst, der inzwischen zusätzlich Stadtkämmerer geworden war.
Das Bild im Kopf
1997 ersetzte der Magistrat die GmbH durch eine stadtinterne und bis heute tätige Projektgruppe GrünGürtel, in der MitarbeiterInnen aus Umweltamt, Grünflächenamt und inzwischen auch dem Stadtplanungsamt an der Weiterentwicklung und Pflege des GrünGürtels arbeiten. Treibende Kraft war von 1997 bis 2013 Klaus Hoppe, der mit Kreativität und Beharrlichkeit viele Ideen voranbrachte, wie zum Beispiel die Umgestaltung des Alten Flugplatzes in Kalbach und Bonames.
Die Projektgruppe machte sich an die Arbeit mit dem Vorhaben den GrünGürtel zu gestalten und als Ganzes erkennbar zu machen. Hierzu dienten ihr die so genannten GrünGürtel-Merkmale: Baumhaine, Baumgruppen, Stelen und Bänke. Diese werden durch ein Netz von etwa 80 besonderen Orten ergänzt, die als Akupunkturen die große Fläche punktuell gestalten und aufwerten.