Region München
Landschafts- und Freiräume in der Stadt und Region München unterliegen einem enormen Druck durch neue Baugebiete und technische Infrastruktur. Die Sicherung und Qualifizierung regionaler Freiräume wird immer wichtiger. Daher gilt es zu diskutieren, ob die bestehenden Initiativen einen neuen Verbund benötigen.
Auf dem Weg zum Regionalpark?
Die Region München präsentiert sich als wirtschaftskräftiger und innovationsstarker Standort in schöner Landschaft und mit hoher Lebensqualität. Man denke an die bekannten Bilder von der Eisbachwelle im Englischen Garten, der Isar mit dem Auwaldgürtel, oder malerische Seeufer vor dem Alpenpanorama. Nicht zu vergessen die abwechslungsreiche, landwirtschaftlich geprägte Kulturlandschaft. Stadt und Region üben hohe Anziehungskraft aus und die Bevölkerung wächst weiter stark.
Landschaften mit hoher Anziehungskraft
Unterschiedlichste Institutionen und Akteure kümmern sich seit Jahren erfolgreich um die Landschaften in der Region. Einen institutionalisierten Regionalpark oder ein regional koordiniertes Grünes Netz gibt es bisher allerdings nicht. Ob die Region München bei der stadtregionalen Freiraumentwicklung weiterhin einen individuellen Weg geht oder sich noch in der Vorstufe eines größeren Zusammenschlusses befindet, muss diskutiert werden. Im Folgenden werden einige relevante Institutionen, Planungen und Projekte zur Landschaftsentwicklung in der Region München vorgestellt. Sie wirken auf diversen Maßstabsebenen.
Planungsverbände und Initiativen
In der Landeshauptstadt München leben rund 1,5 Millionen Menschen auf einer Fläche von 311 Quadratkilometern. Die Einwohnerdichte ist hoch, das Siedlungsgebiet kompakt und nach außen klar abgegrenzt. Die Landschaftsräume des Münchner Grüngürtels reichen weit in die Region hinaus, an manchen Stellen treffen die Siedlungsflächen benachbarter Kommunen auf die Stadtgrenze. Ein wichtiges Instrument zur Steuerung der gemeindlichen Entwicklung ist der Flächennutzungsplan mit integrierter Landschaftsplanung. Zur Konkretisierung wurden teilräumliche und fachliche Konzepte, beispielsweise Freiraum M 2030 oder das Interkommunales Landschaftskonzept Münchner Norden, erarbeitet.
Der Regionale Planungsverband München umfasst die Landeshauptstadt und die umgebenden Landkreise mit einer Fläche von etwa 5.500 Quadratkilometern. Im Regionalplan sind landschaftsplanerische Darstellungen, vor allem landschaftliche Vorbehaltsgebiete oder regionale Grünzüge, enthalten. Daneben besteht der Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum München als Zweckverband, der für 156 Kommunen planerische und beratende Dienstleistungen übernimmt.
Die Europäische Metropolregion München erstreckt sich bis Augsburg, Ingolstadt und Rosenheim. Auf 25.500 Quadratkilometern leben hier etwa sechs Millionen Menschen. Seit gut zehn Jahren besteht der EMM e.V. als Plattform für öffentlich-private Kooperationen mit den Arbeitsgruppen Mobilität, Wirtschaft, Umwelt und Wissen. Die Facharbeitsgruppe Landschaft setzt sich für eine landschaftsbezogene Regionalentwicklung ein, beispielsweise mit einer Landschaftskonvention oder einem Forderungspapier zum Flächensparen.
Interkommunale Landschaftsvereine
Zwischen München und den benachbarten Gebietskörperschaften bestehen vielfältige Kooperationen und Zusammenschlüsse zur Entwicklung von Landschafts- und Erholungsräumen. Sie werden von engagierten BürgermeisterInnen und LandrätInnen gemeinsam mit ihren Verwaltungen getragen.
Bereits 1902 wurde der Isartalverein gegründet zum Schutz und zur Pflege des Isartals mit seiner landschaftlichen Schönheit. Der Verein bemüht sich um Naturschutz und Erholungsvorsorge, indem er naturnahe Flächen erwirbt und pflegt, Wanderwege unterhält, Planungen an der Isar kritisch begleitet und Veröffentlichungen zur Landschaftsgeschichte herausgibt.
Aufgrund des starken Wachstumsschubs Mitte der 1960er Jahre schlossen sich mehrere Kommunen zum Verein zur Sicherstellung überörtlicher Erholungsgebiete in den Landkreisen um München (Erholungsflächenverein) zusammen. Gemäß dem Slogan ,,Erholung für alle – zu jeder Jahreszeit und zum Nulltarif“ baute der Verein bis heute mehr als 30 Erholungsgebiete, vor allem Badeseen, aus und beschilderte über 1.000 Kilometer Wege. Im Jahr 1990 etablierte sich der Heideflächenverein Münchener Norden. Im Kern stehen die für diesen Raum charakteristischen Heidelandschaften wie die Garchinger oder Fröttmaninger Heide, die sukzessive erweitert wurden. Sechs Kommunen und zwei Landkreise tragen die Geschäftsstelle, die sich um Landschaftspflege, Gebietsbetreuung und Umweltbildung kümmert, ein gemeinsames Ökokonto verwaltet und die Umweltstation Heidehaus betreibt.
Wenige Jahre später gründete eine gemeinde- und landkreisübergreifende Initiative den Verein Dachauer Moos. Dieser beschäftigt sich mit dem Schutz und der Entwicklung der Niedermoorlandschaft, einschließlich des kulturhistorisch bedeutsamen barocken Kanalsystems. Hier finanzieren neun Kommunen und zwei Landkreise eine kleine Geschäftsstelle. Hauptaktivitäten sind die Koordinierung von Artenschutz- und Pflegemaßnahmen, Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung.
Links zu den Landschaftsverbänden:
Regionale Landschafts- Entwicklung Raum München
- Landeshauptstadt München und andere Kommunen
- Planungsverband München und Landkreise
- Europäische Metropolregion München e.V.
- Isartalverein
- Erholungsflächenverein
- Verein Dachauer Moos
- Heideflächenverein Münchener Norden
- Regionalmanagement Südwest
Bilder und Eindrücke
Integrierte Raumentwicklung
Neuere interkommunale Zusammenschlüsse widmen sich verstärkt einer integrierten Raumentwicklung. Freiräume und Landschaft werden hier nicht begriffen als Flächenressource oder Planungshindernis für Siedlungsflächen und Infrastruktur, sondern als Wert und Potenzial. Ähnliche Beispiele finden sich in den Projekten der Integrierten Ländlichen Entwicklung. Im Regionalmanagement München Südwest schlossen sich 2015 mehrere Gemeinden und Münchner Stadtbezirke aus dem Würmtal zusammen, um ihre räumliche Entwicklung stärker auf Grundlage gemeinsamer Ziele, Szenarien und Maßnahmen zu lenken. Der Freistaat unterstützte dieses Projekt in der Initialphase, insbesondere bei der Erarbeitung eines raumordnerischen Entwicklungskonzepts. Unter dem Motto „Gemeinsam die Zukunft unserer Region gestalten“ gingen daraus auch freiraumbezogene Konzepte und Projekte hervor, wie beispielsweise grüne Radl-Routen.
Im Landkreis Fürstenfeldbruck erarbeiteten gleichzeitig 16 Gemeinden eine Räumliche Entwicklungsstrategie. Auch hier erfolgte eine konzeptionelle Koordinierung von Siedlungsentwicklung, Landschaftssicherung und Mobilitätsmanagement. Landschaftsräume sollen gesichert, gebietstypisch weiterentwickelt und Naherholungsbereiche aufgewertet werden, beispielsweise durch einen regionalen Landschaftspark und neue Wegeverbindungen.
Erfahrungsaustausch und Netzwerkbildung
Seitens der Landeshauptstadt München koordiniert das Referat für Stadtplanung und Bauordnung die Bemühungen zur Qualifizierung der stadtnahen und regionalen Freiräume. Dazu wurden in den letzten Jahren Infoveranstaltungen und Workshops initiiert. Diese führte der Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum München durch Nachabrschaftsdialoge und Fachforen weiter. Das von der Europäischen Union geförderte Interreg-Projekt LOS_DAMA! zur Landschaftsentwicklung in alpinen Metropolregionen hat zum Ziel, die stadtregionalen Freiräume über Pilotprojekte mit den Landschaftsvereinen im lokalen öffentlichen Bewusstsein zu verankern. Dies reicht von der Konferenz Let‘s do Moor! im Dachauer Moos über eine Landschafts-Schatzkarte in München Südwest bis zur Visualisierung landschaftlicher Qualitäten im Heidegebiet. Auch das landschaftsbezogene Wegekonzept für den Münchner Grüngürtel bietet den benachbarten Kommunen konkrete Möglichkeiten, die Wahrnehmung und die Erschließung des Grüngürtels gemeinsam zu stärken. Über die Zusammenarbeit an Konzepten und Umsetzungsmaßnahmen ergeben sich Synergien. Das Verständnis für die jeweiligen Positionen wächst.
Freiraum groß denken
Angesichts der gesellschaftlichen Herausforderungen und des starken Wachstums der Region kann die Sicherung von Freiräumen und Landschaften nur als Gemeinschaftsaufgabe gelingen. Für eine nachhaltige und qualitätsvolle Entwicklung braucht es übergreifende Strategien, um die entsprechenden Notwendigkeiten und Potenziale frühzeitig und mit angemessener Gewichtung in die jeweiligen Planungsverfahren und -instrumente zu integrieren. Daneben müssen funktionale und gestalterische Verbesserungen in der Landschaft sichtbar und erfahrbar werden, um den Wert und die Leistungen der stadtregionalen Freiräume weiter in das öffentliche Bewusstsein zu rücken.
Die Leistungen der Vereine zur Sicherung und Entwicklung von Landschaften in der Umgebung von München sind vielfältig. Es ist notwendig, dass diese für die Zukunft dauerhaft finanziell abgesichert bleiben. Dieses Landschaftsnetzwerk sollte unter Einbeziehung der vermeintlich durchschnittlichen Kulturlandschaftsräume weiterentwickelt werden, insbesondere im Westen und Osten von München oder im Bereich der südlichen Wälder.
Institutionalisierung in Gang setzen?
Seit einigen Jahren gibt es Anregungen, den Grüngürtel um München zu institutionalisieren oder einen Regionalpark in der Umgebung beziehungsweise in der Metropolregion aufzubauen. Die anregenden Beispiele in dieser Publikation belegen, was eine steuernde Organisation zur Abstimmung der Interessen von Kommunen in einem gemeinsamen regionalen Verantwortungsraum leisten kann. Gemeinsam können Planungen besser entwickelt und Finanzierungsbeziehungsweise Fördermittel eingeworben werden. Es gilt die vorhandenen Initiativen in geeigneter Form miteinander zu verbinden, übergreifende Leitbilder zu vereinbaren und folglich ein starkes Landschaftsnetzwerk zu schaffen. Neue Impulse ergeben sich hierfür durch die regionalen und globalen Veränderungen und durch den Blick für vorhandene Ressourcen.
Beste Voraussetzungen also, dass sich die Initiativen in der Region München bei einer Neuauflage dieser Publikation mit einem neuen gemeinsamen Leitbild für die regionale Landschafts- und Freiraumentwicklung präsentieren, als eine gestaltungsfreudige Einheit in Vielfalt.